Indien Teil 3 von Bombay nach Goa

Lesezeit: 4 Minuten

Teil 1   Teil 2


Mit dem Schiff von Bombay nach Panjim (Goa)

 

Wir verlassen unser Hotel in der Innenstadt von Bombay.

Ab jetzt wird alles unsicher. Wir wissen nicht, was uns erwarten wird. Alles, was wir wissen ist, dass wir in Goa ankommen werden und dann nach Calangut reisen sollen. Dies war ein Reisetipp von einem Indien-Reisenden, den wir vor der Abreise in Zürich getroffen hatten.

Mit viel Vorfreude sehen wir dem heutigen Tag entgegen. Die Schiffsroute hatten wir gewählt, weil die Busfahrt sehr anstrengend sein würde. Mit vielen Menschen in einem engen Bus auf holprigen Strassen, das war nicht unser Ding, die Fahrtzeit betrüge über 12 Stunden. Auch der Zug war keine Option, weil auch die Züge immer überfüllt seien – so unser Reiseführer-.

Schiff, das muss einfach schön sein, auch wenn es 14-15 Stunden dauern würde, die frische Meeresluft würde uns nach der dicken Luft von Bombay gut tun.

Mit dem Bus fahren wir von der Innenstadt von Bombay zum Abfahrtshafen des Schiffs nach Panjim (Goa). Von der Bushaltestelle sind es noch einige Hundert Meter zu Fuss.  Beladen mit unserem Gepäck, je ein Koffer, Doris hat noch eine Gitarre dabei,  und ich meine Bücher im überschweren Koffer, wird es zur Strapaze, bis wir endlich das Schiff erreichen.

Das Schiff

Wir wuchten unser Gepäck auf das Schiff. Zu unserer Überraschung ist es bereits zum Bersten voll.  Überall liegen Gepäck, Menschen und Tiere auf dem Boden. Wir suchen uns ein kleines freies Stück auf den Schiffsplanken, setzen uns auf die Koffer und sind einfach nur baff.

Schiff Goa
Schiff nach Goa 1983 (c) Corinne I. Heitz

Das nebenstehende Bild ist das Einzige, was ich an Bord machen konnte. Wir wollten, nicht, dass man sieht, dass wir Wertsachen dabei haben und die meisten Inder möchten nicht fotografiert werden. Das Festhalten ihres Gesichts auf irdischen Bildern, könnte ihnen das Weiterkommen auf ihrem spirituellen Weg verhindern.

Die Vorstellung, dass wir uns auf dem Schiff etwas zu Essen kaufen könnten, war auch ziemlich schnell erledigt. Es sieht so aus, als ob wir die nächsten 15 Stunden auf unseren Koffern sitzend irgendwie überleben müssten. Wir sehen ganz viele Schuhe auf dem Schiffsboden, die Hindus und auch die Moslems, ziehen ihre Schuhe aus, wenn sie ein Haus betreten – ist wohl beim Betreten vom Schiff auch so -.  Bei allem Respekt, wir schaffen das nicht und sind überzeugt, dass man uns dafür nicht verdammen wird.

Die Überfahrt

kann ja heiter werden. Wir schauen uns an, verdrehen die Augen und sind eine ganze Weile einfach nur sprachlos. Das Schiff setzt sich in Bewegung und vor uns gehen Bilder auf von überfüllten Fährschiffen, die im Meer versinken, von Schiffen, die in Brand geraten und es gibt weder Rettungsboote noch Schwimmwesten. Gibt es die? Ein zaghafter Blick zu Reling, den wir fast gleichzeitig tätigen, verrät uns, es ist so, es gibt keine Rettungsboote, keine Schwimmwesten. Über uns hängen an Eisenstangen vereinzelt Seile und eine, EINE! Schwimmweste.

Endlich haben wir die Sprache wiedergewonnen. Wir machen uns Mut, indem wir uns sagen, im Bus sei es wohl noch schlimmer und es entgleisten viel mehr Züge in Indien, als dass Schiffe untergingen.

Die Geräuschkulisse ist enorm. Menschen reden, singen, Kinder schreien und rennen durch das ganze Chaos hindurch, stolpern auch des öfteren über unsere Füsse, wir spüren wie eine leichte Aggression unsere Verzweiflung ablöst. Hühner gackern, Schafe blöken, dazu dieser  süssliche Geruch, der uns schon in Bombay verfolgte, der alles einhüllt.

Es ist erst Nachmittag um fünf Uhr, wir müssen bis in die frühen Morgenstunden ausharren. Wir hatten je einen halben Liter Wasser dabei, Doris wühlte sich durch die ganzen Menschen irgendwohin auf dem Schiff, suchte nach Toiletten und etwas Ess- und Trinkbarem.

Nach langer Zeit kommt sie zurück, bringt eine Tüte mit Undefinierbarem, schaut aus wie Salzgebäck,  es schmeckt nach Gewürzen, ist nicht scharf und zum Glück auch nicht sehr salzig. Wasser bekam Doris nur noch eine Flasche. Die war fest verschlossen. Wir wurden mehrfach gewarnt, keine Flaschen zu kaufen, auf welchen der Verschluss schon geöffnet war. Trinkwasser ist in Indien rar, so füllen die Strassenhändler die leeren  Flaschen einfach wieder auf, dieses Wasser ist jedoch für uns krankheitserregend.

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Wir fügen uns in unser Schicksal.

Es wird sehr schnell dunkel. An der Schiffsdecke hängt ein Funzel, das Motorengeräusch ist zwar laut, überdröhnt aber die ganzen Nebengeräusche. Viele legen sich nun nieder und versinken in einen unruhigen Schlaf.

Wenigstes verabschiedet sich nun die fast unerträgliche Hitze vom Tag und beinahe könnte man eine laue Brise vom Meer her spüren.

Auch wir versuchen zu schlafen, wir wechseln uns  ab, damit uns nichts gestohlen wird.  Wir liegen da in der Dunkelheit, eingetaucht in süssliche Gerüche, Schiffslärm und diffusen Geräuschen von Tieren und Menschen.

Die Nacht zieht an uns vorbei, es wird langsam hell. Das ganze Schiff scheint sich zu bewegen, alle stehen jetzt langsam auf, müssen Beine und Arme strecken, jeder muss mal wohin, das Anstehen ist entsetzlich, ebenso die Lokalität sowie ihr Geruch, ich verspüre leichten Brechreiz. Uns tut alles weh, Knochen, Gelenke, Rippen, eine  Nacht lang auf Gepäck und harten Schiffsplanken zu liegen, ist nicht gerade erholsam.

 

Noch ein paar Stunden und wir werden in Panjim (Goa) anlegen.

 

Fortsetzung




4 Antworten auf „Indien Teil 3 von Bombay nach Goa“

    1. Liebe Ivana,
      das war damals auch schon so 🙂 Dennoch wollte ich am Anfang unserer Reise respektvoll mit anderen Kulturen umgehen, die anderen Erfahrungen kommen ja erst mit der Reise

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