Militärdienst Teil 2

Lesezeit: 4 Minuten

Tagwacht

 

Der Tag fängt sehr früh an.

Die Türe wird aufgerissen, der Feldwebel in weiblicher Variante nutzt die Gunst der frühen Stunde, um aus der Stille heraus die Trillerpfeife zum vollen Einsatz zu bringen.  Halbwach nehme ich zur Kenntnis, was das heutige Tenue (Uniform) sein wird . Es klingt nach Schulung und Exerzieren.  Es bleiben 20 Minuten bis zum Frühstück.

Die Nacht war schlimm. Bis die Mädels endlich ruhig waren, vergingen Stunden und dann wurde ordentlich geschnarcht und gesägt. Ich bin einfach nicht für Schlafsäle gemacht, sage ich mir und trotte mürrisch zum Bad, das irgendwie auch schon verstopft ist mit verschlafenen Mädchen. Es muss mich ja niemand mögen, also ziehe ich mich ungeduscht an, was den Vorteil hat, dass ich als Erste in der Kantine erscheine und zumindest hier in Ruhe meinen Kaffee trinken kann. Mein vorzeitiges Erscheinen in tadellos sitzender Uniform wird von den Vorgesetzten mit einem Nicken und Respekt beantwortet, hier wird eindeutig Aussehen vor Geruch gewertet.

In diesem Moment beschliesse ich, mein Denken für die kommenden Tage auszuschalten. Ich werde genau das machen, was befohlen wird und nichts,  dagegen halten oder widersprechen. Nur so werde ich diese  Wochen überstehen können.  Wir befinden uns ja nicht in Kriegszeiten und ich bin mir sicher, es würde nichts verlangt werden, was mich oder mein Leben bedrohen würde. Befehle entgegenzunehmen und auszuführen, erscheint mir der Situation angepasst und auch der einfachste Weg.

Ich erkenne natürlich die Gefahr des Machtmissbrauchs und der Möglichkeit Massen so zu manipulieren, wie dies in der historischen Vergangenheit leider immer wieder der Fall war. Sollte es soweit kommen, würde ich Ungehorsam an den Tag legen, das nehme ich mir vor.

Exerzieren

Nach dem Frühstück geht es auf den Kasernenhof. Bis zum Umfallen wird exerziert:

 

Antreten!

 

Aach-tung!  stillge-staaanden; —  Ausführung (Execution) …

Ausführung!

Vorwärts ..MARSCH !!!!!

Vorwärts Marsch

 

Dass das hier Militär ist und kein Pfadfinderlager, wird schnell spürbar. Vereinzelt hört man Kichern oder gar Lachen während der Ausübung der Befehle. Dann kommt  ein Schrei und man muss antreten, grüssen mit Rang und Namen, sodann wird man abkommandiert zum Stubenputz-,  Küchendienst oder anderen Unannehmlichkeiten.

Wenn wir dann so in Kolonnen  im Gleichschritt über den Kasernenhof marschieren, und jeder Tritt an den Mauern widerhallt, wird mir mulmig. Wie muss sich das angefühlt haben, als Tausende mobilisiert wurden und im Gleichschritt an dem einen Diktator vorbeizogen? Ich kann es nur erahnen, denn das Marschieren im Gleichschritt fühlt sich gut an, man möchte mehr davon.

Mittagessen

gibt es in der Kantine. Es gibt eine Suppe mit den Hörnli vom Vorabend, zum Trinken gibt es  Wasser und gegen Bezahlung auch Limos und Anderes, alles ausser Alkohol, der ist hier strickt verboten.

Nachdem alle ihre Zigarette geraucht haben, ich leider auch, nach Indien hatte ich wieder angefangen, geht es zu den Fahrzeugen.

Zeughaus

Die Fahrzeuge müssen im Zeughaus gefasst werden. Wir werden mit einem Armee-LKW vom Instruktor dahin gefahren. Für unsere Ausbildungskompanie erhalten wir mehrere und verschiedene Fahrzeuge:

  • Etliche Pinzgauer mit und ohne rotem Kreuz an der Seite, sowie  mit und ohne Blaulicht
  • einen alten Mowag
  • mehrere Jeeps

Es wird nach der Fahrerfahrung in der Truppe gefragt. Mein Glück ist mein Taxi-Führerschein, das heisst ich bin schon ausgebildet für Fahrzeuge mit mehr als 6 Insassen. Mir wird ein Pinzgauer zum Personentransport mit einigen Insassinnen anvertraut.

Die anderen Fahrzeuge werden jeweils von 2 Fahrerinnen übernommen.

Ich glaube das ist für alle Beteiligten der kritischste Moment dieser Ausbildungswochen. Es darf einfach nichts passieren mit den Fahrzeugen. Wir wurden eine Stunde lang instruiert, auf Gefahren aufmerksam gemacht, das Fahren im Konvoi wird erklärt; und doch es ist die erste Fahrt mit einem völlig fremden Fahrzeug.

Wir fahren sodann eine halbe Stunde quer durch die Stadt Winterthur zurück zur Kaserne.

Nachtessen

Nachdem die Fahrzeuge versorgt und alles an seinem Platz ist, gibt es eine kurze Pause auf dem Zimmer. Für mich die Gelegenheit, die Dusche vom Morgen nachzuholen. Beim Nachtessen riechen ausser mir, alle nach Diesel.  Es gibt Hörnli mit Käse. Mich beschleicht ein Verdacht, das ist das dritte Mal Hörnli und bis jetzt gab es nichts anderes!  Ich gehe zur Küchenmannschaft und lasse mir diesen Umstand erklären.

Die haben falsch berechnet und haben viel zu viel Hörnli gekocht am ersten Abend. Damit die das nun lernen und nie wieder falsch machen, müssen wir noch die nächsten drei Tage Hörnli in verschiedenen Variationen essen. Mein Verhältnis zur Küche ist ab da schwer gestört.

Lange Tage kurze Nächte

Es folgen immer gleiche Tagesabläufe, früh aufstehen, Exerzieren, Schulung in Kriegs- und Menschenrecht, Materialkunde und Sanitätsausbildung. Die Fahrzeuge werden geholt, gefahren, gereinigt, abgedieselt, versorgt.

Es wird befohlen, es wird ausgeführt, es ist körperlich sehr anstrengend.

 


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Fortsetzung

 

Ich werde ab jetzt nicht mehr jede Woche schreiben können, es gibt viele Projekte vor allem Buchveröffentlichungen, welche ich vorziehen muss.

Danke, dass Ihr mich weiterhin lesen werdet.

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Auch über Kommentare zu meiner Erzählung würde ich mich sehr freuen 🙂

 

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