Der Arzt kommt
Die Grossmutter nebenan ist krank, das berichten uns die Töchter. Offensichtlich möchte sie nicht von mir , sondern lieber vom Arzt behandelt werden, was durchaus auch meiner Präferenz entspricht.
In Goa wird immer gewitzelt, dass, falls der Arzt kommen muss, er zuerst die Schweine untersucht, weil die sich ja, von den Exkrementen ernähren. So sind wir gespannt, als der Arzt mit Motorrad durch den Palmenhain fahrend ankommt und vor unserem Haus absteigt, was er als erstes tun würde.
Als erstes kommt er zu uns! Er hat wohl von meinen Taten gehört und ist des Lobes voll; so erkundigt er sich zunächst nach unserem Befinden. Sodann geht er tatsächlich erst die Schweine anschauen, zieht sein Stethoskop heraus, dreht sich zu uns um und frotzelt, das habe er jetzt nur für uns getan.
Grosses Lachen im Publikum, denn natürlich steht eine ganze Horde Kinder und auch ein paar besorgte Nachbarinnen vor dem Haus der kranken Oma.
Die Schneiderin
In den wenigen Wochen, die bislang vergangen sind, haben wir enorm abgenommen. Wir gehen zu einer Schneiderin im Dorf und zeigen ihr unsere “Safari”-Hosen. Genau solche brauchen wir wieder, viele Taschen, extrem guter Baumwollstoff und Kakigrün als Tarnfarbe für Schmutz und Wetter. Sie vermisst uns komplett, macht unsere alten Hosen entsprechend enger und schneidert uns eine exakte Kopie. Wir planen ja langsam für die Weiterreise.
Noch ein Nachtessen im Hotel
Zu unserem Erstaunen ist der nette Inder wirklich, wie verabredet, abends im Hotel anzutreffen. Wieder sind viele Touristen geladen und wir verbringen einen weiteren tollen Abend mit interessanten Menschen. Abgesehen davon ist die Abwechslung in unserem Speiseplan recht willkommen. Der freundliche Inder hat auch die Kamera dabei. Er fragt, ob er sie nochmals einen Tag haben könne, er habe noch einen halben Film zu verknipsen und fahre morgen nochmals nach Panjim, wir würden uns am nächsten Abend nochmals im Hotel treffen, dann reise er wohl weiter nach Kerala.
Zum ersten Mal krank
Am nächsten Tag ist die Grossmutter immer noch krank und jetzt hat es auch Doris erwischt. Sie hat 40 Grad Fieber. Als der Arzt eh nochmal vorbei kommt, rät er uns in ein Labor nach Panjim zu fahren, um eine Stuhlprobe abzugeben. Irgendwie erübrigt sich das dann, denn wir sehen die Würmer von blossem Auge. Nicht nur Doris, ich habe sie auch. In der Apotheke holen wir uns ein Wurmmittel und hoffen, dass wir die Dinger bald wieder los würden.
Treffen im Hotel
Abends treffen wir wieder die bekannten Gesichter im Hotel zum üblichen Nachtessen. Nach zwei Stunden Warten ist es offensichtlich, der nette Inder ist kein Netter, er ist verschwunden. Natürlich hat er nicht nur unsere Kamera gestohlen, sondern sich auch von anderen Sachen geliehen und abgestaubt.
Der Hotelbesitzer kommt zu uns mit hochrotem Kopf. Der smarte Typ aus Delhi hat weder die Hotelrechnung noch die Rechnungen für die Essgelage mit den vielen Gästen bezahlt. Der Hoteldirektor tobt vor Wut und will, dass wir, diejenigen die noch dastehen, die Rechnung bezahlen. Weil er dermassen von der Rolle ist, schlagen wir vor, dass die Polizei geholt werden solle. Offensichtlich ist das ein gutes Stichwort, denn sofort zieht er wutschnaubend und fluchend von Dannen.
Am nächsten Tag gehen wir dennoch zur Polizei und melden den Vorfall. Uns war etwas sehr mulmig zumute nachdem wir den wild gewordenen Hotelbesitzer erlebt hatten. Bei der Polizei müssen wir erst mal unsere Visas und Pässe vorlegen. Wir erzählen die Geschichte und der Officer schmunzelt dabei. Er fragt ob wir glauben, die Kamera je wieder zu erhalten oder weshalb wir hier seien. Wir erwidern nein, nicht wegen der Kamera, wegen dem Wirt… Pause…
der wird sich nichts trauen.
Mit der Polizei hier ist nicht zu Spassen. Sehr schnell wird einem vorgeworfen, man habe versucht, sie zu bestechen. Das Problem ist, dass sie bestechlich sind, man weiss nur nie im Voraus, wer es ist und wer nicht. Lächeln oder Spässe zu machen ist absolut tabu.
Es gibt zwei Sorten Polizisten, die einen sind klein schlacksig und zu dünn, sie tragen zu grosse Uniformen und sind mit Stöcken bewaffnet. Sie schauen meist finster drein
und es ist besser, ihnen nicht zu begegnen. Dann gibt es die kräftig Gebauten, Gutaussehenden meist mit Turban, diese sind oft im Rang eines Offiziers. Sie sprechen in der Regel auch sehr gut Englisch. Die Turbanträger in Indien gehören zu der Glaubensgemeinschaft der Sikhs, sie stellen eine Art Elite im Land dar, was nicht überall und immer gerne gesehen wird.
Tatsächlich treffen wir den diebischen Inder nochmals, als wir in Panjim sind. Wir stellen ihn zur Rede. Er entschuldigt sich höflich, erklärt, dass er bestohlen wurde und gibt uns die Adresse einer Schweizerin, die ihn in seinem Hotelzimmer ausgeraubt habe.
Den ganzen Reisebericht beginnen hier: Teil 1